Ramin Rowghani
Passivrauchen stellt eine erhebliche Gesundheitsgefährdung dar, insbesondere für vulnerable Bevölkerungsgruppen wie Kinder und Ungeborene. International als Secondhand Smoke oder Environmental Tobacco Smoke bekannt, bezeichnet es die unfreiwillige Inhalation von Tabakrauch durch Nichtraucher in der Umgebung von Rauchern (WHO, n.d.). Dieser Rauch setzt sich aus Nebenstromrauch, der direkt von der glimmenden Zigarette aufsteigt, und Hauptstromrauch, den Raucher ausatmen, zusammen. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sterben jährlich weltweit etwa 1,2 Millionen Menschen an den Folgen des Passivrauchens. In Deutschland sind diesbezüglich etwa 3.300 Todesfälle pro Jahr zu verzeichnen (DKFZ, n.d.). Diese Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit, sich mit den Auswirkungen des Passivrauchens auseinanderzusetzen, da es eine Vielzahl von Gesundheitsrisiken birgt, die über die allgemein bekannten Atemwegserkrankungen hinausgehen.
Neuere Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Auswirkungen langfristig und weitreichend sein können, insbesondere für Kinder und Ungeborene. Tabakrauch enthält über 4.800 chemische Substanzen, von denen mindestens 250 als gesundheitsschädlich und über 50 als krebserregend eingestuft sind (U.S. Department of Health and Human Services, 2006). Diese toxischen Substanzen können bei Passivrauchern zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verschiedenen Krebsarten und chronischen Atemwegserkrankungen führen.
In den letzten Jahrzehnten hat das wachsende Bewußtsein für die Gefahren des Passivrauchens zu verstärkten Bemühungen geführt, die Öffentlichkeit zu schützen. Viele Länder, darunter Deutschland, haben Gesetze zum Schutz vor Passivrauchen erlassen. Diese Maßnahmen haben zwar zu einer Verbesserung der Situation in öffentlichen Räumen geführt, doch bleibt die private Umgebung, insbesondere das Zuhause, oft ein Bereich, in dem Menschen, vor allem Kinder, weiterhin dem Passivrauch ausgesetzt sind.
Kinder, die Passivrauch ausgesetzt sind, leiden häufiger unter Atemwegserkrankungen, wie Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit und pfeifenden Atemgeräuschen. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen wie Mittelohrentzündungen, Lungenentzündungen und Bronchitis (Kindergesundheit-info.de, n.d.). Auch das Risiko für die Entwicklung von Asthma ist erhöht, und bestehende Asthmaerkrankungen können sich verschlimmern (Lungenliga Schweiz, n.d.). Das Risiko für den Plötzlichen Kindstod (SIDS) steigt bei Kindern, die Passivrauch ausgesetzt sind, um das Zwei- bis Vierfache (Techniker Krankenkasse, n.d.). Die Auswirkungen des Passivrauchens können weit über die Kindheit hinausreichen. Studien deuten darauf hin, dass Kinder rauchender Eltern ein dreifach höheres Risiko haben, an Nasenkrebs zu erkranken (Kindergesundheit-info.de, n.d.). Passivrauchbelastung in der Kindheit erhöht das Risiko, im Erwachsenenalter an chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zu erkranken (Techniker Krankenkasse, n.d.), und erhöht das Risiko für Herzinfarkte und andere kardiovaskuläre Probleme (Lungenliga Schweiz, n.d.).
Passivrauchen während der Schwangerschaft kann schwerwiegende Folgen für das ungeborene Kind haben, wie geringeres Geburtsgewicht und kleineren Kopfumfang, erhöhtes Risiko für Frühgeburten und Totgeburten sowie mögliche Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen (Lungenliga Schweiz, n.d.; Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, n.d.).
Im Bereich der Atemwegserkrankungen zeigt sich, dass Passivrauchen das Risiko für akute und chronische Beschwerden deutlich erhöht. Kinder, deren sich noch entwickelnde Lungen besonders empfindlich auf die Schadstoffe im Tabakrauch reagieren, leiden häufiger unter Atemwegsinfektionen wie Bronchitis und Lungenentzündung. Zudem steigt das Risiko, an Asthma zu erkranken oder bestehende Asthmaerkrankungen zu verschlimmern (Öberg et al., 2011).
Bei Erwachsenen kann eine langfristige Exposition gegenüber Passivrauch die Entwicklung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) begünstigen (Eisner et al., 2005). Die im Tabakrauch enthaltenen Schadstoffe können die Blutgefäße schädigen und zur Entstehung von Arteriosklerose beitragen, was zu einem erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheiten, Herzinfarkte und Schlaganfälle führt. Eine Meta-Analyse von He et al. (1999) ergab, daß das Risiko für koronare Herzkrankheiten bei Nichtrauchern, die regelmäßig Passivrauch ausgesetzt sind, um etwa 25% erhöht ist.
Die International Agency for Research on Cancer (IARC) hat in ihrem Bericht von 2004 festgestellt, daß Passivrauchen Lungenkrebs verursachen kann. Bei Nichtrauchern, die regelmäßig Passivrauch ausgesetzt sind, steigt das Lungenkrebsrisiko um etwa 24%. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Kehlkopf-, Rachen- und Brustkrebs, insbesondere bei jüngeren Frauen vor der Menopause (U.S. Department of Health and Human Services, 2006). Die Exposition gegenüber Tabakrauch während der Schwangerschaft kann zu einem geringeren Geburtsgewicht, einem kleineren Kopfumfang und einem erhöhten Risiko für Fehlbildungen und Frühgeburten führen.
Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für den Plötzlichen Kindstod (SIDS) bei Säuglingen, die nach der Geburt Passivrauch ausgesetzt sind (Anderson & Cook, 1997). Auch die Lungenfunktion kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern beeinträchtigt werden. Selbst bei geringen Konzentrationen von Passivrauch können Reizungen von Augen und Nase auftreten. Bei Kindern wurde sogar ein erhöhtes Risiko für Karies festgestellt, wenn sie regelmäßig Passivrauch ausgesetzt sind (Aligne et al., 2003).
Bundesnichtrauchergesetz und die besondere Situation in der Bundeshauptstadt
Das Bundesnichtraucherschutzgesetz trat am 1. September 2007 in Kraft und regelt den Nichtraucherschutz in Einrichtungen des Bundes und öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine wichtige Änderung erfolgte am 27. März 2024, als das Rauchen von Cannabisprodukten, E-Zigaretten und erhitzten Tabakerzeugnissen in das bestehende Rauchverbot einbezogen wurde.
Berlin steht vor erheblichen Herausforderungen bei der Umsetzung des Nichtraucherschutzes, insbesondere im Nachtleben und in der Gastronomie. Das Berliner Nichtraucherschutzgesetz, das seit 2009 in Kraft ist, weist gravierende Mängel auf und gilt als eines der schwächsten in Deutschland (nr-sv.de, n.d.). Es enthält zahlreiche Ausnahmen, die als realitätsfremd und schwer zu kontrollieren kritisiert werden (nr-sv.de, n.d.). Diese Ausnahmen, insbesondere für die Gastronomie, führen zu einem unzureichenden Schutz für Nichtraucher und zu Wettbewerbsverzerrungen.
Eine Studie der TU Berlin aus dem Jahr 2012 zeigte, dass von 100 untersuchten Clubs nur acht rauchfrei waren, während 83 Prozent gegen das Berliner Nichtraucherschutzgesetz verstießen (nr-sv.de, n.d.; parlament-berlin.de, n.d.). Viele Clubs und Discos ignorieren weiterhin die gesetzlichen Vorgaben, die eigentlich rauchfreie Tanzflächen vorschreiben und das Rauchen nur in vollständig abgetrennten Nebenräumen erlauben (mybrainmychoice.de, n.d.). Die Durchsetzung des Gesetzes wird zusätzlich durch ein niedriges Strafmaß für Verstöße und mangelnde Kontrollen erschwert. Die Bezirksämter, die für die Überwachung zuständig sind, verfügen oft nicht über ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen, um effektive Kontrollen durchzuführen (nr-sv.de, n.d.; parlament-berlin.de, n.d.). Dies führt zu einem massiven Vollzugsdefizit.
Trotz wiederholter Ankündigungen zur Novellierung des Gesetzes bleiben die grundlegenden Probleme bestehen. Die geplanten Änderungen, wie das Streichen von Ausnahmen für Shisha-Bars und die Erhöhung des maximalen Bußgeldes, greifen zu kurz und lösen nicht die strukturellen Defizite des Gesetzes (nr-sv.de, n.d.; parteitag.spd.berlin, n.d.).
Experten fordern daher weitergehende Maßnahmen, wie ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie und die Möglichkeit des Entzugs der Betriebserlaubnis bei schweren Verstößen, um einen wirksamen Schutz vor Passivrauch zu gewährleisten (parlament-berlin.de, n.d.; parteitag.spd.berlin, n.d.).
Literatur
* Aligne, C. A., et al. (2003). Association of Pediatric Dental Caries with Passive Smoking. *JAMA*, *289*(10), 1238-1246.
* Anderson, H. R., & Cook, D. G. (1997). Passive smoking and sudden infant death syndrome: a review of the epidemiological evidence. *Thorax*, *52*(11), 1003-1009.
* Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ). (n.d.). *Tabakatlas Deutschland*.
* Eisner, M. D., et al. (2005). Environmental Tobacco Smoke Exposure and Chronic Obstructive Pulmonary Disease. *American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine*, *172*(1), 86-93.
* He, J., et al. (1999). Passive Smoking and the Risk of Coronary Heart Disease—A Meta-Analysis of Epidemiologic Studies. *New England Journal of Medicine*, *340*(12), 920-926.
* Kindergesundheit-info.de. (n.d.). *Passivrauchen - für Kinder ein hohes Risiko*.
* Lungenliga Schweiz. (n.d.). *Passivrauchen*.
* Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW. (n.d.). *Informationen zum Passivrauchen*.
* mybrainmychoice.de. (n.d.). *Nichtraucherschutz Freiheit*.
* nr-sv.de. (n.d.). *Nichtraucherschutz pro Bundesland: Berlin*.
* Öberg, M., et al. (2011). Worldwide burden of disease from exposure to second-hand smoke: a retrospective analysis of data from 192 countries. *The Lancet*, *377*(9760), 139-146.
* parlament-berlin.de. (n.d.). *Stellungnahme Anzuhörender*.
* parteitag.spd.berlin. (n.d.). *Nichtraucherinnenschutz in Berliner Clubs endlich konsequent umsetzen – für eine rücksichtsvolle und diverse Clubkultur*.
* Techniker Krankenkasse. (n.d.). *Welche Folgen hat das Passivrauchen?*.
* U.S. Department of Health and Human Services. (2006). *The Health Consequences of Involuntary Exposure to Tobacco Smoke: A Report of the Surgeon General*.
* World Health Organization (WHO). (n.d.). *Tobacco: Key facts*.
Zitate:
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[2] https://ppl-ai-file-upload.s3.amazonaws.com/web/direct-files/37919721/f4c107d0-082a-43a4-812d-42d7259a3b1a/paste-2.txt
Ramin Rowghani, Augustinus-Akademie, Februar/2025