Grünes Gewölbe bleibt Kulturmagnet

Edelgard Richter

Das Residenzschloß in Dresden, unweit der Elbe und gegenüber der weltberühmten Semper-Oper gelegen, beherbergt einen einmaligen Schatz: Die Kleinodiensammlung der Wettiner Fürsten von der Renaissance bis zum Klassizismus. Das Grüne Gewölbe erhielt seinen Namen nach dem malachitgrün gestrichenen silbervergoldeten Zimmer, in dem Goldschmiedearbeiten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert gezeigt werden.


Zwischen 1723 und 1730 gewährte der sächsische Kurfürsten und König von Polen, August der Starke, der Öffentlichkeit Zutritt zu der aus neun Räumen bestehenden Wunderkammer im Residenzschloß. Hier konnten die von ihm und seinen dynastischen Vorgängern gesammelten Kunstobjekte und Raritäten in einer barocken Repräsentationsarchitektur besichtigt werden. Drei der Räume wurden durch die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 größtenteils zerstört, jedoch waren die Kunstschätze in die Festung Königstein in der Sächsischen Schweiz ausgelagert worden. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden sie in die Sowjetunion gebracht und wurden 1958 an die Deutsche Demokratische Republik (DDR) zurückgegeben, so dass jetzt wieder Besucher aus aller Welt sich an ihnen erfreuen können.


Nachdem im September 2004 der erste Teil der weltberühmten Schatzkammer in das Residenzschloss zurückgekehrt war, konnte im September 2006 das rekonstruierte Historische Grüne Gewölbe mit seinen unbezahlbaren Kunstschätzen im Erdgeschoss eröffnet werden. Es wurde nach den erhaltenen Inventarverzeichnissen von 1733 eingerichtet und stellt damit so weit wie möglich den Zustand unter August dem Starken wieder her. Das Neue Grüne Gewölbe erhielt seinen Platz nunmehr im ersten Obergeschoss des Residenzschlosses.


Bevor das Historische Grüne Gewölbe durch eine Klima- und Staubschleuse betreten werden kann, sind im Vorgewölbe bereits einige außergewöhnliche Kunstgegenstände zu besichtigen. Beeindruckend ist die Kugellauf-Uhr aus vergoldetem Silber in der Form eines Turms. Der achteckige Turm hat 16 Windungen, die von einer Bergkristallkugel in einer Minute durchlaufen werden. Der Zeiger der Uhr rückt dann eine Minute weiter und Saturn schlägt auf eine Glocke. Wenn die erste Kugel unten angekommen ist, startet oben eine zweite und die erste Kugel wird im Inneren der Uhr mittels einer Mechanik nach oben gezogen um ihren Lauf von neuem zu beginnen. Diese außergewöhnliche Uhr wurde um 1600 von dem Uhrmacher Hans Schlottheim gebaut; sie ist ein Wunderwerk der Mechanik. Bereits im 14. Jahrhundert gab es die ersten Uhren, jedoch wurde die erste Taschenuhr – das Nürnberger Ei – erst 1510 von Peter Henlein in Nürnberg erfunden. Neben einem immerwährenden Kalender am Fuß dieser Uhr erklingt zweimal täglich ein Orgelwerk, zu dessen Melodie die Figuren der Musiker ihre Blasinstrumente erheben.


Bei dem Rundgang durch das Historische Grüne Gewölbe können rund 3.000 Kunstwerke von unschätzbarem Wert besichtigt werden. In allen Räumen glitzern und funkeln gold- und edelsteinverzierte Gegenstände. Höhepunkt ist das Juwelenzimmer mit dem Schmuck von August dem Starken und seinem Sohn. Weltbekannt ist auch der Mohr mit Smaragdstufe, eine 64 cm hohe Figur aus Birnbaumholz, die mit verschiedenen Edelsteinen besetzt ist. Bei dem „Mohren“ soll es sich aber um einen Indianer aus Kolumbien handeln, was an seinen Tätowierungen und dem Kopfschmuck zu erkennen ist.


Verlässt der Besucher nach Ende der Besichtigung das Historische Grüne Gewölbe, so betritt er im Anschluss daran noch tief beeindruckt von der glitzernden Pracht das Neue Grüne Gewölbe und kann dort die nicht minder prunkvollen Kostbarkeiten bestaunen. Beeindruckend ist die Elfenbein-Fregatte mit ihren papierdünn geschnittenen Segeln (1620) mit den Wappen des sächsischen Kurfürsten darauf. Am Rumpf des Schiffes sind die Namen sämtlicher sächsischen Fürsten in genealogischer Reihenfolge eingeschnitzt. Sehenswert ist auch das „Goldene Kaffeezeug“ mit zirka 5.000 Diamanten, das von 1697 bis 1701 entstand und 50.000 Taler gekostet hat. Dafür bekam man damals ein komplettes Schloss. Auch der „Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls Aurang-Zeb“ war mit rund 60.000 Taler ein etwas teureres Kunstwerk, das August der Starke von dem Hofgoldschmied Johann Melchior Dinglinger erwarb. In Form eines Tischaufsatzes gefertigt mit 137 Personen und zusätzlichen Tieren, verziert mit 5.223 Diamanten, 289 Rubinen, 174 Smaragden, einem Saphir und 53 Perlen entstand es zwischen 1701 und 1708.


Im „Raum der königlichen Pretiosen“ sind kleinformatige Arbeiten, die auf Barockperlen basieren, zu sehen: Der Mode der Zeit entsprechend Groteskfiguren, wie „Der tanzende Zwerg“ oder „Der hockende Harlekin“, aber auch der „Schlittschuhlaufende Holländer“ und andere Perlfiguren sind sehenswert.


Als außergewöhnliches Kunstwerk ist ein Kirschkern zu besichtigen, in den 185 Gesichter geschnitzt sind und der nur durch eine Lupe betrachtet werden kann..


 

 

Doch nicht nur das „Grüne Gewölbe“ im Residenzschloss ist eine herausragende Sehenswürdigkeit der Stadt Dresden, die auch „Elbflorenz“ genannt wird, sondern die wieder aufgebaute Semper-Oper, der Dresdner Zwinger mit seiner Gemäldegalerie und die Frauenkirche sind touristische Highlights. Gegenüber vom Residenzschloß befindet sich das rekonstruierte Fünfsterne-Hotel „Taschenbergpalais“, das seinen Namen nach dem Taschenberg hat, auf dem das Residenzschloß steht. Auch die Brühlsche Terrasse am Elbufer ist eine touristische Sehenswürdigkeit. Dabei handelt es sich um eine Freianlage, die Graf von Brühl 1739 zusammen mit dem Brühlschen Palais anlegen ließ und von der man eine herrliche Aussicht auf die Umgebung hat, weshalb die Brühlsche Terrasse auch der „Balkon Europas“ genannt wird.

 

Literatur:

Syndram, Dirk: Der Thron des Großmoguls im Grünen Gewölbe zu Dresden, Leipzig 2006

Felix qui potuit rerum cognoscere causas  

 

 

Gemäß dem Vergilschen Motto bietet die Augustinus-Akademie ein Studienforum zur geistigen Neuorientierung, Vertiefung eigener Schwerpunkte und Erweiterung und Ergänzung vorhandener (Er-)Kenntnisse.  Viele Gelehrte sind angefüllt mit einer selbst erarbeiteten Wissenschaft, oft erweisen sie sich aber als ungeeignet, durch ihr Wissen einen besonderen Eindruck auf die Mitmenschen zu machen, also ihr Wissen adäquat weiterzugeben. Selbst Kult-Wissenschaftler Albert Einstein gehörte zu solchen. Als lehrender Professor an  der Vorgängeruni der Humboldt-Universität versagte er komplett. Es gibt nicht wenige Gelehrte, die ihr geistiges Werk für sich behalten oder es nur im kleinen Kreis präsentieren, sie gelten als "Privatgelehrte". Andere drängt es zur Arbeit am Schreibtisch und späteren Publikationen, von denen sich hier durch kleine oder größere wissenschaftliche Aufsätze einige wiederfinden. Im wissenschaftlichen Austausch kann es es anstehen, die Rede- und Lehrkunst zu erlernen. Vom stillen Leser und Lerner entwickelt man sich zum sozial denkenden Wissenschaftler, der in der Studiengruppe seine Position hat, Wissen weitergibt und annimmt. 

 

Ästhetik-Professor Bazon Brock findet eine ganz eigene Definition von "Akademie":

 

"Die Akademie ist der Versuch, eine Gemeinschaft zu bilden, die dem Academus entspricht, eine Akademie ist ein Zusammenschluß von Menschen, die sich in anstrengenden Zeiten, vornehmlich in Zeiten des Analphabetismus und der allgemeinen Zerstreuung durch kriegerische oder sonstige evolutionäre Prozesse wechselseitig garantieren, daß das, was sie tun, sinnvoll ist. Wir schreiben, wir malen, wir musizieren, wir komponieren und spielen Theater.

 

D.h. eine Akademie wäre ein Zusammenschluß von Menschen, die sich als Schreiber garantieren, daß das Schreiben einen Sinn hat, weil es Leute gibt, die es lesen: nämlich alle anderen Mitglieder der akademischen Gemeinschaft, denn das ist sehr sinnvoll, wenn wir zur Gemeinschaft des akademischen Typs gehören; dann übernehmen wir die Verantwortung dafür, daß Schreiben, Musizieren, Malen sinnvoll von den Malern, Schreibern, Komponisten betrieben werden kann, weil es Leute gibt, die lesen, betrachten, die zuhören und zwar wirklich auf der Ebene der Gleichwertigkeit  des Rezipienten zum Produzenten.

 

 Das hat eine sehr mäßigende und erzieherische Maßnahme, nämlich wenn wir 100 Akademiker in einer  Gemeinschaft hätten, dann könnte jeder Schreiber, um eine Seite zu publizieren nur die Möglichkeit, gelesen zu werden, einklagen, indem er 99 Seiten seiner Kollegen liest.

 

Es ist nur derjenige "Maler", der würdigt, was andere gemalt haben, sonst ist es sinnlos, Maler zu sein. Also sind Akademien heute dringender als je zuvor, Zusammenschlüsse von Leuten, die die Sinnhaftigkeit ihres eigenen Tuns in aller gutsinnigsten Weise begründet haben möchten: diejenige Vergesellschaftung, in der man sich gegenseitig Sinnhaftigkeit garantiert."

 

                     Prof. Dr. Bazon Brock: Kunst als unabdingbare Kritik an der Wahrheit, Vortrag vom 29. Januar 2014

                                                                                                  Bazon Brock ist Rektor der DENKEREI in Berlin SO36